Ärztliche Praxis (17.-19. Jahrhundert)

Ärztliche Praxis und medizinisches Weltbild um 1650: Johannes Magirus (1615-1697)

Gegenstand des Vorhabens ist die exemplarische Analyse ärztlicher Praxis im 17. Jahrhundert, wobei "Praxis" sowohl im Sinne einer konkreten, geographisch verorteten Arztpraxis mit ihrer Klientel als auch im Sinne des theoriegeleiteten Handelns eines Arztes am Krankenbett verstanden werden soll. Grundlage ist ein außergewöhnliches Quellenkorpus aus dem Nachlaß eines damals wie heute weitgehend unbekannten Arztes im 17. Jahrhundert, Johannes Magirus (1615-1697). Ein ausführliches Praxisjournal, das Magirus in den Jahren 1647 bis 1655 zunächst vermutlich in Berlin und dann in Zerbst führte, verzeichnet die einzelnen Patienten und deren Beschwerden, die verordnete Behandlung, die Krankheitsverläufe und teilweise auch das Honorar und gewährt so vielfältige Einblicke in den Praxisalltag eines gewöhnlichen damaligen Arztes. Dieses quantitativ und qualitativ auszuwertende Journal wird ergänzt durch eine Reihe von Quellen, die vielfältige Aufschlüsse über Magirus’ medizinische Auffassungen und deren Hintergründe eröffnen und es ermöglichen, deren Bedeutung für die alltägliche Praxis wiederum anhand des Journals zu überprüfen. Zu nennen sind insbesondere eine umfangreiche Handschrift mit medizinischen loci communes, also thematisch geordneten Exzerpten, ein handschriftliches Verzeichnis der Bücher, die sich bei Magirus’ Tod in seinem Besitz befanden – darunter auch fast alle Titel, die seinen loci communes zugrunde lagen – sowie ein Teil dieser Bücher selbst, die noch Magirus’ Unterstreichungen und Randnotizen tragen; hinzu kommen einige kleinere Handschriften und Briefe sowie Magirus’ Veröffentlichungen, vor allem Kalender medizinisch-astrologischen Inhalts. Gegründet auf dieses Quellenensemble sollen die Klientel und die alltägliche Arbeit eines damaligen Arztes ebenso wie seine medizinischen Vorstellungen und deren konkrete, praktische Anwendung am Krankenbett in einer für den damaligen deutschen Sprachraum bislang unerreichten Dichte und Differenziertheit rekonstruiert werden.

Projektleiter: Prof. Dr. Dr. Michael Stolberg
Projektmitarbeiterin: Dr. Sabine Schlegelmilch (sabine.schlegelmilch@uni-wuerzburg.de)

Veröffentlichungen von Dr. Sabine Schlegelmilch

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